„Ich dachte, ich würde während ich sterbe, sterben und würde mir selbst dabei zusehen“
Vorgeschichte
Meine erste Panikattacke hatte ich im März 2012. Ich war mit einer Freundin von mir Essen und anschließend haben wir uns bei ihr einen Film angeschaut. Ich kann mich noch genau an den Abend erinnern. Sie saß auf einem Sessel und ich auf einer Zweisitzer-Couch. Der Film, den wir uns angeschaut hatten war „Project X“. Nicht mal einen Monat zuvor, hatte ich mich von meiner damaligen Freundin getrennt und war noch dabei der Beziehung etwas nachzutrauern. Schließlich hatten wir beide, obwohl wir gerade einmal 20 Jahre alt waren, einiges zusammen durchgemacht. Ich habe meinen besten Freund bei einem tragischen Autounfall mit 18 Jahren verloren und sie kurze Zeit darauf ihre Mama bei einem Autounfall. Trotzdem war für mich klar, dass wir beide zusammen nicht glücklich werden würden. So beendete ich eben einen Monat vor meiner ersten Panikattacke die Beziehung.
Diese Zeit 2012 war im Großen und Ganzen keine einfache für mich, da alles Schlag auf Schlag passierte. Erst starb mein bester Freund, dann die Mama meiner Freundin und kurze Zeit darauf nahm sich der Papa meines besten Freundes das Leben. Zugleich war ich mit meinem Studium komplett überfordert, wohnte das erste Mal alleine in einer mir fremden Stadt und war ein bisschen planlos unterwegs. Meine Kindheit war der Hammer, bis auf eine kleine Unebenheit. Ich wurde von meiner Mama in der und durch die Angst erzogen. Meine Mama hatte vor Allem Angst. Selbst wenn ich einen kleinen roten Fleck auf der Haut hatte, fuhr sie mit mir sofort zum Arzt. Auch beim Thema Geld hatten meine Eltern ständig Angst zu wenig zu haben, nicht ausreichend davon zu besitzen und zu wenig zu verdienen. Dies zu erwähnen ist extrem wichtig, da mein Angstsystem bereits in jungen Jahren „manipuliert“ bzw. falsch „programmiert“ wurde.
Meine erste Panikattacke
Aber nun zurück zum Abend meiner ersten Panikattacke. Wir saßen also da, unterhielten uns und schauten den Film. Plötzlich, wie aus heiterem Himmel, wurde mir leicht schwindelig. Irgendwie fühlte sich alles auf einen Schlag komisch an. Mein Blick richtete sich nach Innen, ich nahm nur noch ein paar wenige Sachen um mich herum wahr. Das Atmen fiel mir immer schwerer und mein Herz begann stärker und stärker zu klopfen. Ich wurde immer unruhiger und hatte echt Angst, dass ich einen Herzinfarkt bekomme. Als logische Konsequenz schlug mein Herz immer schneller und schneller, mir wurde immer schwindeliger und schwindeliger und plötzlich verlor ich die komplette Kontrolle über mich und meine Gedanken. Ich dachte ich wäre weg, bewusstlos. Immer wieder – ich weiß nicht wie oft – konnte ich jedoch wieder kurz einen klaren Gedanken fassen und wusste somit, dass ich doch noch da war. Meine Freundin lief sofort los und holte mir einen Beutel tiefgefrorene Bohnen die sie mir in den Nacken legte. Ich beruhigte mich ein wenig doch kurze Zeit später „“war ich wieder im Tunnel„. Ich war fest der Annahme, dass ich in dieser Nacht sterben müsste. Es war alles so surreal, fremd und auf eine völlig verrückte Art und Weise schmerzhaft, dass ich dachte und das Gefühl hatte ich würde während ich sterbe, sterben und würde mir selbst dabei immer wieder für einen kurzen Moment zusehen. Die Angst potenzierte sich immer mehr. Ich war wie in eine Parallelwelt gezogen, von der ich dachte, dass ich da nie wieder rauskommen würde.
Paniksymptome
Es fällt mir ein wenig schwer das alles exakt zu beschreiben, da ich ja immer wieder dachte bzw. das Gefühl hatte, dass ich nicht mehr bei Bewusstsein sei. Diese Symptome aus Bewusstseinsverlust für meine Umgebung und meine Gedanken, Realitätsverlust, Wahrnehmungsverzerrungen, Schwindel, Herzrasen, keinen klaren Gedanken fassen zu können, Atemnot, Schmerzen in Brust, Armen und Beinen hielt, mit kurzen Pausen, ca. 1 Stunde an. Nach dieser Stunde der Tortur wurde mir plötzlich eiskalt. Wirklich eiskalt. Mein Körper fühlte sich an, wie ein Eisklumpen. Mein Herzschlag beruhigte sich und meine Atemfrequenz wurde langsamer. Ein Gefühl der vollkommenen Entspannung überkam mich. Eine solche Entspannung (ja ich weiß das Heute noch und es ist mir auch immer noch ein wenig unangenehm das zu sagen), dass ich meine Abgase und mein Wasserlassen nicht mehr unter Kontrolle hatte. Ich musste, ohne es kontrollieren zu können, ständig einen Fahren lassen und hab auch auf die Couch genässt. Einen klaren Gedanken fassen konnte ich immer noch nicht, meinen Körper gespürt habe ich auch nicht wirklich aber die Stunde der Tortur hat meinen Körper scheinbar so fertig gemacht, dass dieser mir die völlige Kontrolle entzog. Er tat nur noch das, was „gut“ für ihn war.
Eine üble Erfahrung
Das war wirklich krass und die übelste Erfahrung, die ich bis dahin gemacht habe. Es sollte jedoch noch schlimmer werden aber dazu mehr weiter unten. Am nächsten Morgen (es war bereits Mittag) fühlte ich mich, als hätte mich ein 10-Tonner überrollt. Ich wusste ehrlich gesagt auch nicht, ob ich noch auf der mir bekannten Welt bin oder in einer Parallelwelt. Es fühlte sich alles so komisch an. Meine Freundin saß im Übrigen die gesamte Nacht neben mir und telefonierte 2 Stunden lang mit dem Notruf, dem sie meinen Zustand beschrieben hatte. Der wusste selbstverständlich sofort was los war – „Ihr Freund hat eine üble Panikattacke, kein Grund zur Sorge, davon stirbt er nicht. Die sind „nur“ übel für ihn im Moment. Kein Grund zur Besorgnis!“ Während ich dachte, „ich würde während ich sterbe, sterben und würde mir selbst dabei zusehen!“